Faktencheck: Die Mär von der geschröpften Landbevölkerung

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Das CO2-Gesetz betreibe Klimaschutz auf dem Rücken der Berg- und Randregionen, kritisieren die Gegner. Denn diese würden durch die Abgaben auf Benzin und Heizöl stärker belastet als Städter. Einem Faktencheck hält diese Argumentation nicht stand, wie die NZZ heute berichtet. Die Preisaufschläge auf Benzin werden durch die Gegner hoffnungslos übertrieben, während die verschweigen, dass die Erdöllobby ganz darauf verzichten könnte, sie überhaupt zu erheben. Auf dem Land wird weniger mit Öl geheizt, als in der Stadt, und weil die Landbevölkerung weniger oft fliegt, profitiert sie auch von der Flugticketabgabe.

Bei den Preisaufschlägen auf Benzin und Diesel handelt es sich nicht um eine CO2-Abgabe. Vielmehr können die Treibstoffimporteure mit den Einnahmen aus den Preiserhöhungen ihre Massnahmen zur Kompensation der Emissionen von Benzin und Diesel finanzieren – wenn sie dies wollen. Das allerdings ist unklar und hängt von der Wettbewerbssituation und den Margen ab. So könnten höhere Preise der Treibstoffbranche etwa das Geschäft aus dem Tanktourismus zunichtemachen. Derzeit beträgt der maximale Zuschlag 5 Rappen pro Liter. Tatsächlich ausgeschöpft werden aber bloss 1,5 Rappen pro Liter.

Macht die Treibstoffbranche von der Möglichkeit Gebrauch, den Aufschlag von 12 Rappen zu erheben, führt dies für die Halter eines Fahrzeugs mit durchschnittlichem Benzinverbrauch bei einer Fahrleistung von 25 000 Kilometern zu zusätzlichen jährlichen Kosten von etwa 180 Franken. Laut dem Bund ist allerdings mit einem maximalen Aufschlag von 12 Rappen erst gegen Ende der 2020er Jahre zu rechnen. Der erwartete Aufschlag auf das Benzin ist damit kleiner als die Preisschwankungen in den letzten Monaten. Im November 2020 kostete der Liter Bleifrei im Mittel 1 Franken 39. Im Februar 2021 lag der Preis bereits bei 1 Franken 54.

In den Städten wird mehr mit Öl und Gas geheizt

Konkret heisst dies, dass die Mehrheit der Haushalte in den genannten ländlichen Kantonen keine CO2-Abgabe bezahlen muss. Sie profitieren stattdessen von der Rückverteilung der Lenkungsabgaben: Eine vierköpfige Familie, die nicht mit Öl oder Erdgas heizt, erhält laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) mit dem neuen Gesetz aus der CO2-Abgabe pro Jahr 428 Franken zurück.

Wer einmal fliegt, erhält neu Ende des Jahres 30 Franken gutgeschrieben, wer ganz auf das Fliegen verzichtet, 60 Franken. Dabei profitieren die Wenigflieger auch von den Einnahmen aus den Abgaben, die ausländische Touristen bezahlen, wenn sie nach Hause fliegen. Bezahlt wird die Flugticketabgabe indessen zum grössten Teil von jenen 10 Prozent der Bevölkerung, die Vielflieger sind.

Interessenvertreter von Rand- und Bergregionen stimmen denn auch nicht in das Lamento der SVP ein. «Das CO2-Gesetz löst bei uns zwar keine Begeisterungsstürme aus», sagt Thomas Egger, Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), «aber wir unterstützen es.»

…Auch in anderer Hinsicht wurde das CO2-Gesetz im Sinne der ländlichen Schweiz nachgebessert. Mit dem neu eingerichteten Klimafonds stellt der Bund Gelder für Massnahmen zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels bereit. So können Gemeinden künftig etwa Gelder aus dem Fonds erhalten, um sich gegen Naturgefahren zu schützen. Ebenfalls sollen nachhaltige Tourismus- und Energieprojekte finanziell unterstützt werden.

Für die Berggebiete sei das entscheidend, sagt Egger. Schliesslich seien sie vom Klimawandel besonders betroffen: Nicht nur erhöhe der Klimawandel das Risiko von Naturgefahren wie Hochwasser, Murgängen und Bergstürzen. Auch gefährde die Schneearmut den Wintertourismus und drohten der Wasserkraft Produktionseinbussen. Unter dem Strich würden damit die Vorteile des Gesetzes für die Berg- und Landkantone überwiegen.

Den Artikel in voller Länge gibt es hier.

Wer diesem Faktencheck misstraut, kann sich hier anhand des Gesetzestextes selbst informieren.

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